blikk Schule gestalten   Schulentwicklung          
  zum forum zur galerie zur übersicht  
infos zum arbeitsbereich infothek  
blikk schulentwicklung        
   
Qualitätssicherung und Evaluation
  zum anfang zurückblättern umblättern ans ende eine ebene nach oben
 
. Die folgenden Texte sind zu finden in: "Orientierung suchen-Ziele setzen-Schule gestalten", Hg.: PI Bozen
 
Fragen der Bildungsqualität sind zu einem zentralen Thema der europäischen Diskussion über die Weiterentwicklung des Schulwesens geworden.
  Dies hängt zusammen mit den neuen Befähigungen und Kompetenzen, die Menschen für ein Leben in einer künftigen Gesellschaft aufbauen müssen. Es hängt auch zusammen mit den unterschiedlichen Arbeitsergebnissen in Schulen und der Verpflichtung des Staates, Gleichwertigkeit - allerdings nicht Gleichartigkeit - der Ergebnisse zu garantieren. Schließlich spielt die Autonomisierung der Schulen eine große Rolle bei der Frage, wie Qualität zu bestimmen und zu sichern sei, wenn bei gleichen Zielen die Wege dorthin unterschiedlich sein dürfen und sein müssen.
   
In einer Gesellschaft, die durch Wandel, Pluralität und Entwicklungsdynamik gekennzeichnet ist, ist es nicht mehr so einfach, Ziele, Inhalte und Methoden schulischer Arbeit zu beschreiben und festzulegen.
  In Zeiten, die von einigermaßen festen Wissensbeständen ausgehen konnten, die mit Stabilität und Kontinuität der gesellschaftlichen Verhältnisse rechnen durften, war es relativ einfach, Ziele, Inhalte und Methoden schulischer Arbeit zu beschreiben und festzulegen. In einer Gesellschaft, die durch Wandel, Pluralität und Entwicklungsdynamik gekennzeichnet ist, ist dies nicht mehr möglich. Hier müssen Schulen und Schulsysteme sich immer wieder neu um eine Verständigung bemühen hinsichtlich der Ziele, hinsichtlich der Inhalte und Methoden und nicht zuletzt hinsichtlich der Überprüfungsverfahren. Das traditionelle System einer im staatlichen Behördenapparat angesiedelten "Schulaufsicht" (bzw. in Südtirol eines entsprechenden "Inspektorats") wird in den europäischen Ländern aufgegeben. Auch das Vertrauen in zentrale Vorgaben wie Lehrpläne und Einzelvorschriften für die Unterrichtsorganisation als Sicherung der Leistungsstandards ist deutlich schwächer geworden.
   
An die Stelle eines Systems der Direktsteuerung und der Steuerung durch Vorgaben tritt überall in Europa zunehmend ein System, das die Selbstüberprüfung der Einzelschule mit einer Fremdüberprüfung kombiniert.
  An die Stelle des Systems der Direktsteuerung und der Steuerung durch Vorgaben tritt überall in Europa zunehmend ein System, das die Selbstüberprüfung der Einzelschule mit einer Fremdüberprüfung kombiniert, mit der unterschiedliche Institutionen, Personen oder Gremien beauftragt sein können. Dieses Kombinationssystem soll einen "doppelten Blick" garantieren; es soll dynamisch sein, d. h., auf die Weiterentwicklung der Planung in der Einzelschule und im Schulsystem unmittelbar zurückwirken, und zugleich die Qualitätsdiskussion auch mit den Partnern der Schule, z.B. mit der Wirtschaft, in Gang halten und fördern.
   
Zielvorstellung ist es,
auf diese Weise in den Schulen und Schulsystemen eine "Entwicklungsspirale" aufzubauen.
 

Man versteht unter Evaluation in Schulen und Schulsystemen die durch Kriterien und Verfahren abgesicherte Überprüfung der Leistungsergebnisse, Arbeitsverfahren und Arbeitsbedingungen,

  • bezogen auf übergreifende und schulspezifische Zielsetzungen
  • bezogen auf einzelne Bereiche, z. B. Lehrpläne, Unterrichtspraxis, Mittelverwendung, Personalführung
  • bezogen auf die Schulen und Schulsysteme als "Handlungseinheiten"
  • eingebunden in ein Gesamtsystem von Rechenschaftslegung.

Wird dieses System in einer Schule gut beherrscht, dann werden kontinuierliche Verbesserungen der Arbeitsprozesse und auch der Arbeitsergebnisse möglich. Die Schule wird zur "lernenden Organisation". Das bedeutet für die Schulen und für die im Schulsystem Verantwortlichen eine große Umstellung. Die Arbeitsverfahren werden sich durch stärkere Planung, durch größere Systematik und durch weit mehr Transparenz auszeichnen müssen. Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass die Schulen (z.B. in Südtirol) vor allem in den letzten Jahren den Umgang mit Selbstgestaltung und Selbstverantwortung "eingeübt" haben, wird man Jahre des Übergangs einkalkulieren müssen, in denen Stufe um Stufe eine "Kultur der Evaluation und der Rechenschaftslegung" aufgebaut wird. Dies gilt umso mehr, als die Entwicklung noch nirgends so weit abgeschlossen ist, dass für alle Stufen der Evaluation gesicherte und schulpraktisch handhabbare Verfahren bereitstehen.

     
Kernstück des Evaluations-Systems ist die interne Evaluation durch die Beteiligten selbst.
 

Interne Evaluation (Selbstevaluation) meint alle Maßnahmen zur Feststellung des Grades der Zielerreichung in Schulen und Schulsystemen durch die Beteiligten selbst. Erwartete Wirkungen:

  • Transparenz der Zielsetzungen, Arbeitsverfahren und Arbeitsergebnisse auch gegenüber der Öffentlichkeit
  • Einsicht in Entwicklungsstand und Arbeitsbedingungen
  • Verstärkung des Dialogs über Qualität und Standards
  • Systematische und kontinuierliche Innovationsplanung, Schul- und Verwaltungsentwicklung
  • Professionelles Berufsverhalten
  • Mitverantwortung aller Beteiligten und Betroffenen

Die interne Evaluation in den Schulen ist ein die Arbeit begleitender Prozess, der etwa jährlich zu einer zusammenfassenden Rechenschaftslegung über die Zielerreichung und die Rahmenbedingungen der "Schularbeit" führt, die Hinweise für die Fortschreibung des Schulprogramms gibt.

   
Der internen Evaluation korrespondiert gewissermaßen die externe Evaluation durch Außenstehende, möglichst unabhängige Gremien und Experten, die institutionell ganz unterschiedlich "angebunden" sein können.
 

Externe Evaluation (Fremdevaluation) ist die Überprüfung der Bildungsleistung und Funktionsqualität von Schulen und Schulsystemen durch externe und unabhängige Institutionen, Gremien oder Experten auf der Grundlage allgemein akzeptierter, offen gelegter und überprüfbarer Kriterien und Verfahren. Erwartete Wirkungen:

  • Sicherung der Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit der Bildungsleistung aller Schulen
  • Überprüfung der Wirksamkeit und ggf. Änderung von Vorgaben und Rahmenbedingungen
  • Vorbereitung und Legitimation politisch-administrativer Leitentscheidungen zur Weiterentwicklung des Schulwesens und seiner Verwaltung

Die externe Evaluation wird in der Regel in größeren Zeitabständen stattfinden, etwa alle drei, vielleicht auch fünf Jahre. Sie umfasst die Analyse und Bewertung der jährlichen Selbstevaluation und soll auf der Grundlage klarer Kriterien und Indikatoren vor allem die Gesamtleistung einer Schule einschätzen, mit der Schule erörtern und offen legen.

   
Ein dritter Arbeitsansatz ist die Metaevaluation
 

Die Metaevaluation dient dazu, die Methoden der Anlage, Durchführung und Auswertung der Selbstevaluation durch Administration oder außeradministrative Institutionen bzw. Experten zu überprüfen. Erwartete Wirkungen:

  • Methodische Absicherung der Selbstevaluation der einzelnen Schulen bzw. Institutionen
  • Vergleichbarkeit der Selbstevaluation unterschiedlicher Schulen und Institutionen

Interne und externe Evaluation dienen nicht in erster Linie der Kontrolle, wie sie traditionell "von oben nach unten" durch vorgesetzte Behörden praktiziert wurde: Die Evaluation ist Teil des Entwicklungsprozesses von Schulen. Sie steht im engen Zusammenhang mit der Planung der weiteren Entwicklungsschritte, dient im Wesentlichen der Beratung der Schule selbst und gibt die Befunde gewissermaßen an die Schule zurück als Beitrag zur weiteren Planung. Teil dieses Evaluationsprozesses ist die Rechenschaftslegung, d. h. die Offenlegung der Ergebnisse. Dies gilt sowohl für die interne Evaluation, die nicht nur Schulleitung und Lehrerschaft angeht, sondern die Schulgemeinschaft insgesamt; dies gilt auch für die externe Evaluation, deren Ergebnisse in erster Linie für die Schule und ihre Weiterentwicklung, aber in starkem Maße auch für die kommunale Umgebung und das Land sowie für die gesamtverantwortliche Weiterentwicklung des Schulwesens wichtig sind.

   
Wichtige Bereiche einer Evaluation in Schulen
  Leitbild, Schulprogramm / Zielsetzungen, Orientierungen und Bezüge zu übergreifenden Vorgaben / Konkretheit und Innovationsgehalt nach Bereichen / Realisierungsplanung Arbeitsbedingungen /Schulanlage / Ausstattung / personelle und finanzielle Ressourcen Unterricht / Konzeption des Schullehrplans / Unterrichtsplanung / Ziele, Inhalte und Unterrichtsformen der Fächer / Medieneinsatz / Kooperationen mit Partnern / Unterrichtsstandards und Zielerreichung / Leistungsbegriff und Leistungsbewertung Führung, Steuerung, Personalentwicklung / Struktur und Arbeitsweise der Schulleitung / Verbindung von pädagogischem und organisatorischem Management / Partizipation und Demokratisierung / Qualifikation, Einsatz und Wirksamkeit des Personals / Fort- und Weiterbildung
   

Kriterien- und Indikatorenlisten, Verfahren und "Rezepturen" für die Evaluationsarbeit

 

Schulen und Verwaltungen sehen sich - gerade weil die Entwicklung erst am Anfang steht - einer Fülle von Ausarbeitungen gegenüber. Dies ist aus der offenen Arbeitssituation erklärbar, birgt aber die Gefahr in sich, Überdruss zu erzeugen oder in eine Überaktivität in Sachen Evaluation zu verfallen. Es darf nicht geschehen, dass der vernünftige Gedanke einer systematischen Evaluation sich durch extensive Datenerhebungen, Befragungen, methodische Experimente und ein ermüdendes Berichtswesen zu einem überregulierten Kontrollsystem entwickelt. Einige bewährte Evaluationsverfahren

  • Vergleich von Zielsetzungen, Planungen und Zielvereinbarungen mit dem Grad ihrer Realisierung
  • regelmäßige Berichte in wichtigen Bereichen
  • systematische und kontinuierliche Erörterung von Entwicklungsprozessen und Ergebnissen
  • standardisierte einmalige oder wiederholte Erhebungen, Tests, Prüfungen
  • Fortschreibung und Auswertung von ausgewählten Datenbeständen (z. B. Erfolgsquoten)
  • teilnehmende Beobachtung durch Experten und "critical friends"
  • systematische Feed-back-Gespräche
  • Selbsteinschätzung der Akteure

Es ist wichtig, von den für die schulische Arbeit zentralen Bereichen auszugehen und anhand weniger klarer Innovationsziele mit handhabbaren, praxisnahen Verfahren zu interpretationsfähigen Ergebnissen zu kommen. Daran muss z.B. auch in Südtirol gearbeitet werden. Standardisierte Erhebungen, Tests, die Pflege von Datenbeständen müssen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden zu den personenbezogenen Verfahren, welche in einem so von Menschen und ihrem Verhalten abhängigen Arbeitsfeld wie die Schule es ist, oft zu besseren Einsichten führen als zu stark differenzierte Datenerhebungen und -analysen.

 

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2003