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Schwanger ICH!?

Das kann nicht sein! Schließlich passe ich immer auf und meine Blutung kam auch zum erwarteten Zeitpunkt. Zur Sicherheit machte ich noch einen Schwangerschaftstest. Tatsächlich, ich bin schwanger.

SCHWANGER! SCHWANGER!

Der Gedanke, dass in meinen Bauch ein Baby heranwächst, lies mich nicht mehr los. Wie konnte das passieren!?

Aber mehr noch, noch wie soll es jetzt weitergehen? Ich muss Alex davon erzählen. Zuerst ihm und dann meinen Eltern! Zum Glück kommt Alex in zwei Stunden vorbei auf Kaffe und Kuchen. Je näher der Zeitpunkt meines großen Geständnisses rückt, desto unruhiger werde ich. Seine Meinung ist mir extrem wichtig! Der Gedanke ein Baby zu bekommen, gefiel mir.

Oje, Alex kommt! Mir wurde abwechselnd heiß und kalt, konnte nicht still sitzen und laberte die ganze Zeit über völlig unwichtige Dinge. Dann das Geständnis- Wenn ich ehrlich bin, hoffte ich tief im Herzen, dass Alex sich freut, zumindest ein klein wenig. Aber so etwas unverschämtes, was glaubt er, wer er ist!? Wie konnte er mit so einer verblüffenden Kühnheit sagen:" Schatz, du bist schwanger? Wir können kein Baby haben, wir sind doch erst 18! Ich will nicht jetzt schon meine Freiheiten aufgeben! Schatz ich liebe dich aus tiefsten Herzen und werde dir in diesen Tagen zur Seite stehen. Gemeinsam schaffen wir es! Gleich morgen begleite ich dich zu deiner Frauenärztin, dann können wir sofort einen Abtreibungstermin ausmachen!"

Wie konnte er so etwas sagen!? Es geht nicht nur um ihn! Ich habe auch mein Leben, meine Vorstellungen und meine Wünsche! Ich bin nicht bewußt schwanger geworden, aber nun bin ich es und kann nichts daran ändern! Wie kann Alex nur auf sich schauen, wer sagt, dass ich mein Baby nicht doch noch bekommen will! ? Die Vorstellung eine eigene Familie zu haben, gefällt mir. Ach, was soll ich machen? Der kleine Wurm kann nichts dafür, es ist passiert und Alex soll dazu stehen! Er kann nicht einfach mein Leben bestimmen!

Was soll ich tun, wenn Mama und Paps genauso reagieren? Bis meine Eltern nach Hause kamen, betrachtete ich mich mehrmals im Spiegel. Meine Augen waren nur auf meinen Bauch gerichtet und in meinen Gedanken lies ich ihn schon heranwachsen. Vielleicht glaubte ich auch den kleinen Wurm zu sehen und ihn sprechen zu hören. Mir ging es gut. Ein wohlig warmes Gefühl stieg in mir empor. Es war mir, als wäre ich mit den Kleinen eins. Wir zwei in einem großen einsamen Haus.

In diesem Moment erwachte mein Beschützerinstinkt. Auch wenn ich noch riesige Panik verspürte meinen Eltern von meiner Schwangerschaft zu erzählen, wollte ich das Kind! Nun ist es soweit, gleich essen wir zu Abend. Ich werde Mama einfach die Wahrheit gerade heraus sagen, wie Alex reagierte und dass ich mich auf das Baby freue. So erleichtert wie jetzt war ich noch nie! Meine Eltern freuten sich wahnsinnig. Für meine Mama stand eines fest:" ABGETRIEBEN WIRD NICHT!" Ich muss nochmals mit Alex reden, ich möchte das Baby bekommen, es ist schließlich ein Teil von mir! Er wird mich sicherlich verstehen, aber ich will nicht jemand Unschuldigen für unseren Fehler bestrafen! Vielleicht kann mich jemand verstehen; aber nur der Gedanke, ans gewaltvolle Eindringen in meinen Körper und den starken Saugdruck, bei dem ein "Körper" zerrissen wird; wird mir übel.

Ich weiß nicht, ob ich ohne Schuldgefühle bleiben würde. Ein Kind bekommen oder Abtreiben sind beides Schritte, die ich nie wieder rückgängig machen kann. Bevor ich mich entscheide, muss ich hundertprozentig überzeugt sein! Mir ist bewusst, dass ein Kind zu erziehen schwer ist und dabei immer Fehler passieren können, dennoch würde es mich reizen! Alex muss mich verstehen, ich werde ihn sofort anrufen. In meinen Kopf muss Klarheit herrschen! Warum geht Alex nicht ans Telefon!? Ich muss mich mit ihm aussprechen! Alex, bitte nimm den Hörer ab. Wieder nur die Mailbox! "Alex, wenn du da bist, dann komm ans Telefon! Ich liebe dich und will dich nicht verlieren! O Mann, warum versuchst du mich nicht zu verstehen? Ich habe mich noch für nichts entschlossen und du lässt mich schmoren. Wenn ich dich erinnern kann, du warst ebenso beteiligt wie ich, also, was soll das! Ich dachte wir halten zusammen, egal was passiert! Wie sehr musst du mich geliebt haben, wenn du nun nicht mehr zu mir stehst und von mir verlangst unser Kind abzutreiben!? Verstehst du, jenes welches in meinen Bauch heranwächst, ist unser Kind! UNSERES! Bitte melde dich!"

Zwei Tagen gingen vorüber, in denen ich nicht das kleinste Zeichen von ihm sah oder hörte. Ich war sehr traurig, aber ich ließ mir nichts ankennen. Meine Mama sorgte sich rührend um mich, dennoch wurde ich verunsichert. Alex fehlte mir! Obwohl er sehr viel verlangte und ich mir unsicher war, ob er mich wirklich auch so sehr liebt wie ich ihn, begann ich ihn zu verstehen. Wir beide haben noch unser ganzes Leben vor uns. Kinder können wir immer noch bekommen. Ich werde abtreiben aus Liebe zu ihm und um ihn nicht zu verlieren! Der Termin steht fest. In drei Stunden ist alles vorbei! Alex holt mich danach beim Frauenarzt ab und wir gehen ein Eis essen, so als wäre nichts passiert. Meine Eltern wissen nichts davon. Vielleicht erzähle ich ihnen in einem Monat, dass ich das Baby verloren habe. Ich könnte meiner Mama nie die Wahrheit sagen, sie wäre zu sehr enttäuscht von mir! Diesen Blick könnte ich nicht ertragen, nicht mein ganzes Leben lang! Nun ist es soweit. Nur noch wenige Kilometer, dann ist alles vorbei. Eigentlich müsste ich mich freuen oder zumindest erleichtert sein. Es tut mir leid, aber das kann ich nicht! Wenn ich ehrlich bin genieße ich jeden Moment, indem noch ein winziges Herz unter meinen großen dominanten Herz schlägt. Diesen kaum ersichtlich und spürbaren, aber dennoch vorhandenen Hauch von Leben, gibt es in kurzer Zeit nicht mehr. Die Welt um mich interessiert mich nicht, ich vernehme nicht einmal deren Stimmen und Töne. Verdammt ich kann das nicht! Ich kann nicht abtreiben! Mein Leben wäre danach wie früher, nur ich nicht! Ich hätte zwar meinen Freund wieder, aber ein Stück von mir und ihm getötet. Wieso wurde ausgerechnet ich schwanger? Wäre das alles nicht passiert, könnte ich glücklich und zufrieden mit Alex und meinen Eltern leben. In wenigen Jahren würden wir eine gemeinsame Wohnung besitzen, das Leben von Augenblick zu Augenblick genießen und einer von uns würde Karriere machen. Auch Kinder würden wir bekommen, nur eben später - NICHT JETZT.

Wäre mein Leben so verlaufen, hätte ich nie begonnen diesen Zwerg in meinen Bauch zu lieben! Ich stand sicherlich einige Minuten vor dem Gebäude, in welchen alles vorbei sein sollte und starrte auf die weiß lackierte Tür. Sie war weiß wie das Licht und dahinter lauerte für mich der Tod. Langsam näherte ich mich ihr. Der Türhebel ging sekundenweise nach unten und die Tür öffnete sich von Spalt zu Spalt immer mehr. Nun sitz ich auf diesen roten harten Stuhl und bin aufgeregt. Ein Kribbeln, begleitet von nervösen Zuckungen, durchfährt meinen Bauch. Einzig und allein der Gedanke an Alex beruhigt mich. Die Arzthelferin erwähnt meinen Namen. Mein Kopf erhebt sich und blickt in ein hoffnungsvolles junges Gesicht. Ich folgte ihr in einen weisen Raum. Wo bleibt die Ärztin? Bitte, betrete diesen Raum sofort! Ich muss sofort abtreiben, sonst kann ich es nicht mehr. Die Sekunden erscheinen wie Minuten und mit jeder Minute spüre ich noch deutlicher mein Baby. Verdammt da lebt ein winziger kleiner Teil von mir, der nichts anderes wie eine Chance verlangt. Sorry Alex, aber ich will das Kind! Ja genau, ich will es bekommen! Du wirst mich nicht verstehen, da du niemals wissen wirst, wie es ist, ein Baby heranwachsen zu spüren! Indem Moment, indem die Ärztin den Raum betrat, verabschiedete ich mich.

So schnell habe ich noch nie ein Gebäude verlassen. Ich rannte fluchtergreifend hinaus. Alex erwartete mich schon. Ich habe ihn noch ein bis zwei Monate vorgespielt abgetrieben zu haben. Die Angst ihn zu verlieren war zu groß. Doch als mein Bauch begann zu wachsen, konnte ich ihn nichts mehr vormachen! Von Zeit zu Zeit zog er sich zurück und ich verlor ihn ganz. Er war mir nicht egal. Auch wenn er mich damit immer in eine Zwickmühle zwängte, bereute ich meine Entscheidung nie!

Ich war nun allein mit meinen Eltern, konnte ihnen aber ohne schlechtes Gewissen in die Augen sehen. Nie mehr will ich mich zwischen einen Freund und meinem Kind entscheiden! Ich bin unbeschreiblich glücklich mit meinen kleinen Mädchen. Ja, ich habe ein Mädchen zur Welt gebracht! Sie erinnert mich oft an Alex. Er ist von hier weggezogen und lebt irgendwo am anderen Ende der Welt. Wir haben uns entschieden, er für sein Leben und unzählige Reisen und ich mich für meine kleine Jessica.

     

 

     
           
© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2001