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Netze und dynamische Systeme
Blickpunkt: Modellanalyse, quantitative und qualitative Modelle sowie Modellzweck

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    Reale Modelle: Abstraktionen am realen Ökosystemen See

Modelle bilden und analysieren sind sowohl abstrahierende als auch konstruierende Tätigkeiten. Der erste Schritt bei einer Modellbildung besteht in
einer qualitativen Analyse:

Welche Elemente im Teich wirken wie aufeinander ein? Welche Wirkungen sollen betrachtet werden und zu welchen Zweck?

Werden dann diese Wirkungen sprachlich oder auch grafisch beschrieben, so entsteht bereits ein erstes Wortmodell oder ein qualitatives Modell von der Wirklichkeit.

 
     
  Wird weiter gefragt, was die Zustandsgrößen (Bestandsgrößen) sind und wie sie sich über Flussgrößen verändern und wird "gemessen", wie und wie lange das Eine auf das Andere einwirkt oder konkret, wie etwa die Wasserlinsen wachsen, so entsteht ein quantitatives Modell.
     
    Der Modellbegriff setzt den Systembegriff voraus. Mit dieser Begrifflichkeit lassen sich die Begriffe qualitatives und quantitatives Modell wie folgt schärfen:
 
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Qualitative Modelle



Sukzessive wird bei Erklärungsmodellen
die black box aufgeklärt.

  Ein qualitatives Modell stellt die für wesentlich erachteten Elemente eines Systems und ihre Beziehungen untereinander dar (z.B. als Pfeildiagramm - siehe obige Abbildung - oder als Wirkungsdiagramm). Bereits diese Darstellung gestattet schon elementare Aussagen über die Struktur und über das Verhalten von Systemen. Der heuristische Wert eines qualitativen Modells liegt daher in der Erarbeitung und Diskussion von Strukturen, Wechselwirkungen und idealtypischen Mustern. Das Ziel einer qualitativen Modellbildung besteht also zunächst nicht darin, "zuverlässige" Ergebnisse für eine zukünftige Entwicklung, also eine Prognose zu liefern.

Spätestens mit den Veröffentlichungen des Club of Rome sind Modellierungen und Simulationen dynamischer Systeme in das Licht einer interessierten Öffentlichkeit getreten. Ihre Prognosen über die „Entwicklung der Welt“ haben sogar das Selbstbild der postindustriellen Gesellschaft beeinflusst, haben ihr eigenes Risikobewusstsein geweckt und haben zu Diskussionen über die 'Grenzen des Wachstums' (1973) oder über ‚Jenseits der Grenzen des Wachstums’ (1988) geführt. Heute werden zusätzlich und insbesondere auch die Fragen zur Veränderung des Weltklimas in der Öffentlichkeit (auch systemdynamisch) diskutiert.
Die für das Modell erforderlichen Informationen sind nach Forrester zu 98% aus praktischen Erfahrungen und Kenntnissen zu erlangen; nur für die restlichen 2% benötigt man reale Daten.
Das Ziel systemdynamischer Modellierungen und Simulationen, die auch mit der Erstellung von Zustands- und Modellgleichungen qunatitative Schritte umfassen ist die Erklärung des Systemverhaltens im Zeitverlauf (insbesondere auch die Erkenntnis von kritischen Größen) aus seiner strukturellen Beschaffenheit heraus. Dabei werden die Modellgrößen verändert und unterschiedliche Entwicklungspfade (Szenarien) gegeneinander, interpretierend abgewogen. Immer sind dabei auch Gefühle beteiligt.
Bei dieser qualitativen Betrachtung spricht man von einem Erklärungsmodell. Solche Modelle zeigen Wirkungen, Wechsel-Wirkungen, Zeitverzögerungen und Rückkopplungen zwischen den Elementen eines Systems in der Zeit auf.
Modelle dieser Art nennt man häufig auch Meta-Modelle. Wird ein System in seiner Dynamik mathematisch modelliert und betrachtet, so reduziert sich der empirische Datenbedarf erheblich. „Das richtige Erkennen einer wichtigen Rückkopplung hat etwa für das Verständnis der Eigendynamik eines Systems eine weit höhere Bedeutung als das Vorliegen vieler aufwendig beschaffter Messreihen“. (Bossel, 1992).
 
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Quantitative Modelle

  Bei einer quantitativen Modellierung werden z.B. Zahlen aus wirtschaftlichen oder finanztechnischen oder ökologischen Befunden oder aus natur- und technikwissenschaftlichen Messungen oder auch aus gesellschaftlichen und alltagstauglichen Befragungen genutzt. So kann bei einer quantitativen Modellierung dann u.a. auch die funktionale Modellierung u.a. mit linearen, quadratischen oder exponentiellen Funktionen zentral sein, die zwar bei einer systemdynamischen Modellierung mit Zustands- und Modellgleichungen eine mehr untergeordnete Rolle spielt, die aber für diese Modellierung zuverlässige Ausgangsgrößen und Parameter liefert.
Ein quantitatives Modell verlangt eine Konkretisierung qualitativer Begriffe auf der empirischen Ebene. Allerdings bedeutet die schlichte Verwendung von Zahlen noch nicht, dass es sich um ein quantitatives Modell handelt. Ein quantitatives Modell verwendet Zahlenwerte aus empirischen Messungen und Befunden.
Vorgegebene oder selbst erstellte Daten(Sätze), die im einfachsten Fall einfache Proportionen oder Messreihen oder Zeitreihen oder Befragungsergebnisse sind, werden analysiert: Sie führen zu Berechnungen, deren Ergebnisse direkt – zwar interpretierend - in die Wirklichkeit umsetzbar sind. Oder sie werden in Tabellen und unterschiedlichen Diagrammen dargestellt, die interpretierend zu Erkenntnissen über Entwicklungen, Abhängigkeiten und Zusammenhänge führen, aber in jedem Fall erst noch zu deuten (zu beurteilen) sind, ehe sie handlungsrelevant werden können.
In vorgegebenen oder selbst erstellten komplexeren Datensätzen kommt der so genannte „Datendedektiv“ bei der statistischen Modellierung zum Einsatz. Mittels Tabellen und/oder Diagrammen, Lage- und/oder Streumaßen und/oder Korrelationen werden u.a. Zusammenhänge oder Abhängigkeiten in den Daten“wolken“ aufgespürt. Sie können zu einer Prognose führen, die nur mit einer (bedingten) Wahrscheinlichkeit angegeben werden kann. Im Prozess der Analyse von Datensätzen werden häufig aber auch Hypothesen formuliert, die bestätigt oder verworfen werden. Auch das Verwerfen einer Hypothese ist mit einer Erkenntnis verbunden, nämlich der, dass es so nicht ist.
Bei einer quantitativen Betrachtung spricht man auch von einem Beschreibungsmodell. Solche Modelle dienen u.a. auf der Grundlage der Entwicklungen in der Vergangenheit der Prognose von Entwicklungen in der Zukunft.
     

Zweck der Modellbildung: Prognose, Hochrechnung oder Verhaltensbeschreibung?

 

 

 

 

Mehr dazu:

 

Ob ein qualitatives oder quantitatives Modell konstruiert wird, immer ist die Modellbildung mit einem Zweck (oder einem Sinn) verbunden, der auf einer bestimmten Interessen-, Gefühls- oder Problemlage beruht. Dazu zwei Beispiele: Manager und Arbeitnehmer haben bei einer Modellierung des Arbeitsmarktes sehr verschiedene Interessen und Gefühle. Menschen an der Küste und in den Bergen haben bei der Modellierung des Klimas teilweise ganz andere Probleme und Gefühle. Jede Modellbildung konstruiert also schwerpunktmäßig diejenigen Ausschnitte aus der Wirklichkeit, die der Zweckerfüllung dienen. Und: ein Modell idealisiert und vereinfacht nicht nur, sondern es setzt auch Akzente. So gesehen, sind Modelle dann auch wieder eine neue konstruktive Realität. Am Anfang jeder Modellierung sollten also auch Fragen stehen, die den Zweck der Modellierung verdeutlichen.

Unter einer Simulation wird ein Prozess verstanden, der experimentell auf der Modellebene durchgeführt wird und dann zu einer Prognose oder einer Verhaltensbeschreibung führt. Ziel einer Simulation ist u.a. die Beschreibung eines zukünftigen Systemverhaltens. Aber man beachte: Simulationen sind niemals frei von Fehlern.
Eine einfache Hochrechnung (oder Extrapolation) sagt nur aus, dass es unter Beibehaltung aller einwirkenden Faktoren so weiter geht, wie es der Term oder der Graph sagt. Eine Hochrechnung sagt nichts darüber aus, dass es zukünftig so sein wird.

     
 
     
Ideen für mögliche, selbstorganisierte
Übungen:
 
  • Diskutiert miteinander etwa die Ökosysteme Wald, Acker, Müllhalde, Industriebrache, Feldrain ...in Wortmodellen.
  • Diskutiert auch Systeme u.a. aus der Physik (gekoppelte Pendel, Sender und Empfänger beim Fernsehen, Sterngalaxie, Wolke, ...), aus der Chemie (Mischung von Flüssigkeiten, DNA, Enzym, ...), aus der Technik (Kühlturm, Wolkenkratzer, Brücke, Staubsauger, Auto, ...) aus der Soziologie (Familie, Dorf, Staat, Kirchengemeinde, Schulklasse, Firma, ...), aus der Wirtschaft (Außenhandel, Geld, Nachfrage/Preis, Käufer, ...) und aus vielen weiteren Wissenschaften.
  • Versucht einige euch interessierende Systeme zu analysieren und überlegt, ob sich eher ein qualitatives oder quantitatives Modell eignet.
  • Überlegt, welche Art Aussage über die Zukunft möglich ist?
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