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Projektskizze: Arbeit alle? - Arbeit für alle!

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Ein Mathe-Projekt für die Klassen (9), 10 bis 12


In regelmäßigen Zeitabständen erscheinen in den Medien immer wieder Schreckensmeldungen über die Zahl der Arbeitslosen. Und das schon seit einigen Jahrzehnten. Häufig werden den Hiobsbotschaften kurze Analysen beigefügt und diese erregen auch Schülerinnen und Schüler. Ein Projekt zu diesem bewegenden Schlüsselproblem unserer Zeit kann dazu dienen und dabei helfen, einerseits in Modelle der Differentialrechnung einzuführen, diese andererseits aber gleichzeitig auch zu nutzen, um einige nationale und globale Zusammenhänge und Wechselwirkungen besser verstehen und so die vielfältigen Argumente rational gegeneinander abwägen zu können. Die mathematischen Modelle können zwar das gesellschaftliche Problem nicht lösen, sind aber ein alltagstaugliches Erkenntnismittel zum Verständnis der quasi allabendlichen Fernsehmeldungen.

Vorbereitungsphase für Lehrpersonen sowie für Schülerinnen und Schüler

Das Projekt kann im Mathematikunterricht unter Moderation des Mathematiklehrers oder der Mathematiklehrerin durchgeführt werden. Die Lehrperson übernimmt in diesem Unterricht die Rolle eines kompetenten Laien in Bezug auf die nicht-mathematischen Sachverhalte. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn sich andere Fächer (etwa Wirtschaftslehre und Politik) beteiligen würden; es muss aber nicht sein. Die Mathe-Lehrer/in sollte sich aber soweit in das reale Problem „Arbeit für alle!?!“ und seine Nachbarprobleme einarbeiten, dass sie die Kleingruppen pädagogisch beraten kann. Denn nicht alle Teilprobleme sind gleich schwierig zu bearbeiten und nicht alle Schülerinnen und Schüler haben dieselben Interessen.

Die Jugendlichen können unter dem Motto: "Mathe einmal anders!" in die Ziele und den Ablauf des Projektes, in den Sinn eines Lerntagebuches sowie in die Leistungsbewertung am Ende des Projektes eingeführt werden. Nutzen die Jugendlichen die Lernumgebung zum ersten Mal, so muss ihnen insbesondere das aufbereitete reale Problem „Arbeit für alle!?!“ vorgestellt werden (1 Ustd). Danach sollten sie den Rest der Stunde im gesamten Medium stöbern dürfen. Diese Stöberphase kann nicht umgangen werden.

Skizze zum Projektverlauf

Entscheidungsphase und Kleingruppenbildung

Die Blitzlichter (Gruppe A bis D) werden in der Klasse diskutiert (etwa 2 UStd), wobei die Jugendlichen aber bereits zu Beginn der Diskussion den Auftrag erhalten, sich nach der Diskussion für die analytisch-konstruktive Arbeit an einem Teilproblem zu entscheiden. Nach allen bisherigen Erfahrungen ist bei der Kleingruppenbildung eine beratende Hilfe der Mathe-Lehrer/in notwendig, damit sich die Jugendlichen nicht überfordern und zu einer für sie bearbeitbaren Problematik kommen. Der Schwierigkeitsgrad der Anforderungen in den folgenden, bildbaren Kleingruppen steigt von Gruppe A nach Gruppe D:

A: Ungeahnte Heere von Arbeitslosen?
B: Wirtschaftswachstum gleich Arbeitsplätze?
C: Arbeitskosten und Auswanderung von Arbeit ,
D: Arbeit für alle! – Neue solidarische Arbeitsmodelle!

Modellierungsphase

Die Kleingruppen diskutieren zunächst ihr Teilproblem und bringen auf diese Weise die Interessen aller Schüler/innen in die Modellierungsphase (etwa 6 bis 8 UStd). mit ein. Denn durch die modellierende Arbeit sollen alle Jugendlichen der Kleingruppe zu Experten werden (Idee des Gruppenpuzzles!). Sie sollen in der Präsentationsphase ihr Ergebnis den Anderen erklären und die gewonnenen Einsichten auch rational vertreten zu können.
So weit wie möglich arbeiten die Gruppen selbstorganisiert und selbstverantwortet an einem Lösungsentwurf mittels mathematischer Modellierung und unter Einsatz von Neuen Werkzeugen. Sie schreiben ihr Ergebnis in ihrer eigenen „Alltagssprache“ auf, wobei sie nicht unbedingt die bisher gelernte Mathematik vergessen sollten, was aber häufig geschieht. Schließlich entscheiden und begründen die Jugendlichen selbst, ob ihre Lösung hilfreich und nützlich ist. Wichtig ist ihre Begründung!

Arbeitsaufträge für die Modellierungsarbeit in der Gruppe A

Die Gruppe A konzentriert ihre Analyse auf die Veränderung der Zahl der Arbeitslosen in Deutschland und findet Gründe dafür.

  • Erstellt (u. a. mit dem Werkzeug Excel) jeweils ein Punkt-Liniendiagramm zur Veränderung der Zahl der Arbeitslosen und auch getrennt nach so genannten Problemgruppen und zwar für die Zeit von 1949 bis 2003. Nutzt dabei u. a. die kompletten Datensätze auf den Seiten: …/ma0174.htm und …/ma0175.htm.
  • Begründet, warum diese Darstellungsform geeignet ist, die Veränderungen zu veranschaulichen. Gibt es auch noch andere Möglichkeiten der grafischen Darstellung?
  • Beschreibt mit Worten anhand dieser Kurven die Veränderung der Arbeitslosenzahl. Sind z. B. alle gesellschaftlichen Gruppen gleichmäßig von der Arbeitslosigkeit betroffen? Formuliert Prognosen zur Arbeitslosigkeit.
  • Bestimmt für den Verlauf der Kurven - über selbst gewählten Jahresintervallen (z.B. [1991, 1997]) - den Term. Nutzt dazu ggf. das Werkzeug Derive oder ein anderes CAS.
  • Modelliert an ausgezeichneten Stellen (etwa: 1991, 1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997) mit der Steigung von Tangenten an die Kurve die Zu- bzw. Abnahme der Arbeitslosenzahl.
  • Schreibt die experimentell berechneten Tangenten-Steigungen in Abhängigkeit von den Jahreszahlen in einer Tabelle auf und stellt den Zusammenhang erneut durch ein Punkt-Liniendiagramm grafisch dar. Bestimmt auch für diese Kurve den Term.
  • Was sagt uns die Kurve der Zu- bzw. Abnahmen, wenn man sie durch eine Gerade approximiert? Werden die Tiefpunkte der Zahl der Arbeitslosen immer größer?

Auszug aus einem Datensatz des Statistischen Bundesamtes
von (1949) 1962 bis 2003


Wirtschafts-
wachstum
Rate

 

Jahr


Bevölkerung
in Tausend


Erwerbstätige
in Tausend

Anzahl der Arbeitslosen

Alte Bundes- länder

Neue Bundes- länder

Gesamt

5,0

1991

79.830

38.454

1.689.365

912.838

2.602.203

2,2

1992

80.438

37.878

1.808.310

1.170.261

2.978.570

-1,1

1993

81.100

37.365

2.270.349

1.148.792

3.419.141

2,3

1994

81.369

37.304

2.555.967

1.142.090

3.689.057

1,7

1995

81.570

37.382

2.564.906

1.047.015

3.611.921

0,8

1996

81.832

37.270

2.796.243

1.168.821

3.965.064

1,4

1997

82.029

37.194

3.020.900

1.363.556

4.384.456

2,0

1998

82.014

37.540

2.904.339

1.374.948

4.279.288

1,8

1999

82.024

37.942

2.755.527

1.343.682

4.099.209

3,0

2000

82.160

38.526

2.529.374

1.359.278

3.888.652

0,6

2001

82.277

38.886

2.477.955

1.373.682

3.851.637

Punkt-Liniendiagramm zur Zahl der Arbeitslosen über dem Zeitintervall [1991,2001] mit Tangenten in ausgezeichneten Punkten

Anmerkung: Reelle Funktionen sind für die Bildung des Differentials als Grenzwert eine notwendige Voraussetzung. Diese Präzision ist aber in einem Grundkurs nicht notwendig. Denn in allen Anwendungen kommen auch Wissenschaftler mit Funktionen aus, die nur über einer endlichen und diskreten Teilmenge der rationalen Zahlen definiert ist. Sie bilden dann trotzdem den Ableitungsterm.

Arbeitsaufträge für die Gruppe B. Sie konzentriert sich auf eine Analyse von Zusammenhängen.
  • Erstellt mit dem Werkzeug Excel Punkt-Liniendiagramme zur Veränderung einerseits des Wirtschaftswachstums und andererseits der Zahl der Erwerbstätigen (Arbeitsplätze insgesamt) oder auch der Zahl der Arbeitslosen in der Zeit von 1962 bis 2003. Nutzt dabei den kompletten Datensatz auf Seite: …/ma0174.htm.
  • Vergleicht die Kurven miteinander und beschreibt mit Worten, ob und welche Zusammenhänge dadurch sichtbar werden? Gibt es noch andere Möglichkeiten der grafischen Darstellung?
  • Beschreibt (wie oben in Gruppe A beschrieben) die Kurven stückweise mit Termen. Nutzt dabei das Werkzeug Derive oder ein anderes CAS.
  • Modelliert (ebenfalls wie oben in Gruppe A beschrieben) die Zu- bzw. Abnahme einerseits des Wirtschaftswachstums und andererseits der Zahl der Erwerbstätigen (oder der Zahl der Arbeitslosen).
  • Stellt die Zu- bzw. Abnahme des Wirtschaftswachstums als auch die der Erwerbstätigen grafisch dar. Vergleicht auch diese Kurven miteinander und beschreibt mit Worten, ob und welche Zusammenhänge dadurch sichtbar werden. Versucht sie zu formulieren.
  • Lässt sich auch die Zunahme der Zunahme der Arbeitslosen mit einem Term modellieren? Welche inhaltliche Bedeutung hätte dann dieser Term? …

Siehe hierzu aber auch die Lösung zu Analysen zur Veränderung des Arbeitsmarktes in Deutschland. Sie kann in einer Teilgruppe der Klasse erarbeitet werden und ist Teil einer Gesamtlösung, bei der andere Gruppe der Klasse parallel arbeiten an Weitere Analysen zur Arbeitslosigkeit nach Problemgruppen, zur Entlastung des Arbeitsmarktes, zu den Arbeitskosten und zur Abwanderung von Arbeit oder auch an einer Konstruktion und Simulation von dynamischen Wechselwirkungen zwischen Arbeitsplatzangebot und BIP.

Einige Anregungen für die Modellierungsarbeit in den Gruppen C und D

Aus Platzgründen werden für die Gruppen C und D hier nur einige Fragen formuliert. Die Gruppen sollten aber zusätzlich auf die Datensätze hingewiesen werden, die auf den Seiten Zukunft der Arbeit – Einkommensverteilung - Arbeitskosten und Lebensqualität und Lebenserwartung und Gezeiten der Weltwirtschaft ausgeführt sind.

Auf Aufgabenstellungen zur dynamischen Modellierung wird hier verwiesen. u.a:

  • Wie lassen sich für Deutschland (oder für andere Industrieländer) visionäre Arbeitsmodelle konstruieren, die regional eine dauerhafte Arbeit für alle bringen würden. Wobei mit Arbeit sowohl die Erwerbsarbeit als auch die Familien-, Gemeinde-, Gesellschafts- und Kulturarbeit gemeint ist. Achtung: Das ist ein neues Verständnis von Arbeit!
  • Wie sehen solche visionären Arbeitsmodelle für Schwellenländer aus? Und wie würden die Modelle aussehen, wenn global und nicht nur national gedacht würde und darüber hinaus das unterschiedliche Wachstum der Bevölkerungen in den einzelnen Regionen berücksichtigt würde.

Anmerkung: Auch hoch bezahlte Experten haben große Schwierigkeiten, gültige Modelle zu entwickeln. Darum kann es hier also nicht gehen.
Die Kleingruppen konstruieren daher auf der Basis ihrer analytischen Einsichten zunächst ganz einfache Wechselwirkungsmodelle mittels Methoden der Systems Dynamics. Mathematische Hilfen dazu sind u. a. auf der Seite ../ma0178.htm zu finden.
Die Jugendlichen simulieren ihr Modell unter verschiedenen Ausgangsbedingungen und unterwerfen es nach einer Interpretation einer Modellkritik. Letztere führt dann in der Regel zu einer ergänzten Modellvariante, die dann ebenfalls wieder simuliert und interpretiert werden muss. Die Anforderungen an die Jugendlichen werden bei der Modellbildung stufenweise größer!

Präsentationsphase

Alle Gruppen „präsentieren“ ihr Ergebnis in der Klasse, am besten in Form eines Kleingruppenpuzzles. Die Produkte werden zusätzlich in der Klasse ausgehangen und/oder allen zugänglich gemacht. Mit dieser Präsentation (2 – 3 UStd) werden zwei Ziele verfolgt:
Erstens: Die Kleingruppen-Lösungen werden inhaltlich diskutiert. Dabei verknüpfen die Jugendlichen die Einzel-Ergebnisse der Kleingruppen zu einem neuen Ganzen. So werden die Erkenntnisse wesentlich angereichert und auch vertieft. Vielleicht aber fragen sich die Jugendlichen, warum Politiker, die die erarbeiteten Zusammenhänge sicher auch kennen, nur Stückwerke zur Lösung des Problems „Arbeit für alle!“ liefern. Aber: Eine Bearbeitung dieser Frage führt etwa zu dem neuen Projekt: „Wie moralisch ist Politik?“.
Zweitens: Die Präsentation und Diskussion der Kleingruppen-Lösungen lässt die Jugendlichen erfahren, dass es nunmehr sehr sinnvoll und hilfreich ist, die subjektiven mathematischen Beschreibungssprachen zu systematisieren.

Skizze der Systematisierungsphase  

Die Lehrperson lenkt den Blick auf das in allen Lösungsentwürfen Gemeinsame. Zum Beispiel darauf:

  • Zeitliche Veränderungen, die in Datensätzen gegeben sind oder durch Modellbildung gewonnen werden, werden in Form von Punkt-Liniendiagrammen modelliert. Und dabei wird so getan, als ob zwischen zwei Jahreszahlen noch unendlich viele Zeit-Werte liegen würden, für die eine Veränderung notiert werden könnte!
  • Abhängigkeiten oder Zusammenhänge werden auch durch Vergleich von Kurven festgestellt bzw. mit einem Modellbildungswerkzeug konstruiert.
  • Kurven (bzw. Teilstücke von Kurven) lassen sich mit Termen (Funktionsgleichungen) beschreiben. Es wird aber so getan, als ob die Terme über Teilmengen von Re definiert wären.
  • Zu- und Abnahmen der Kurven über bestimmten Zeitintervallen lassen sich für ausgezeichnete Stellen experimentell gewinnen.
  • Diese Zu- und Abnahmen lassen sich wiederum in Punkt-Liniendiagrammen darstellen und mit Termen (Funktionsgleichungen) beschreiben.

In einem Lehr-Vortrag oder Lehr-Gespräch bringt die Mathe-Lehrerin zunächst die Aussagen auf die abstrakte Form von x und y (y = f(x) oder f(x): y = Term(x)). Dadurch sind dann nur noch Zahlen und keine Größen mehr im Spiel! Sie wiederholt (?) den Begriff der reellen Funktion und führt den Begriff der „Ableitung einer Funktion an einer Stelle“ ein, etwa am Beispiel von y = x², x € Re an den Stellen x = 1 und x = 3, wie das so üblich ist. Sodann führt sie den Begriff der Ableitungsfunktion ein und zeigt, dass von y = x², x € Re die Ableitungsfunktion y = 2x, x € Re lautet. … Dann aber kommt auch eine Rückkopplung zur vorhergegangenen Modellierungsarbeit:

  • Modelliert mit dem neu gelernten mathematischen Modelle der Ableitung die folgenden Politik- oder Medien-Aussagen: "Die Zunahme der Arbeitslosigkeit nimmt ab." oder "Die Abnahme der Arbeitsplätze wird gebremst." oder "Das historische Wachstumstief scheint überwunden." …
Phase einer möglichen Online Kommunikation und Kooperation

Eine Online-Kommunikation ist nur im Rahmen eines internationalen oder überregionalen Projektes möglich. Ein solches findet jährlich im November/ Dezember statt (Ausschreibung: …/ma0060.htm). Falls daran teilgenommen wird, teilen die Kleingruppen bereits zu Beginn des Projektes den Anderen am internationalen Projekt Beteiligten auf dem Forum der Arbeitsumgebung ihre Entscheidungen mit. So bilden sich für eine zeitlich spätere Online-Diskussion internationale Kommunikations-Gruppen.

 
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