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Babygeflüster
Babygeflüster

 

Mit jedem Zentimeter Bauchumfang wächst die Freude aufs Baby. Mit jedem Zentimeter Bauchumfang wächst aber auch die Angst vor der Geburt. Unausweichlich steuert alle Entwicklung auf dieses Ereignis zu. Kein Ausweg, keine Hintertür, keine Möglichkeit zur Flucht. Wie wird es sein, in den Wehen zu liegen? Wie fühlt sich dieser Schmerz an? Alle schwangeren Frauen stellen diese Fragen.

Protokoll gegen die Angst: eine Frau berichtet

Es ist ein eigenartiges Gefühl, den Kopf des Kindes im Becken zu spüren. Ich spüre, daß sich das Kind auf die Geburt einrichtet. Es rückt sich zurecht, schraubt sich in das Becken, es öffnet mich von innen her. Plötzlich macht sich das Kind auf den Weg in die Welt. Da ist auf einmal eine Entschlossenheit im Bauch, nicht mehr diese zaghaften Öffnungsversuche. Es ist, als hätte sich ein Teil von mir selbständig gemacht. Nur noch der Bauch, der Rest des Körpers ist wie weit weg. Wenn - wenigstens für kurze Zeit - nichts weh tut, fühle ich eine Riesenkraft in mir. Ich fühle mich weit weg von Raum und Zeit. Es ist aber kein Trost, daß es nicht mehr lange dauern wird, bis das Kind da ist, denn der Schmerz ist zu groß. Und doch ist es nicht sinnlos, was da weh tut. Man spürt eine Kraft hinter dem Schmerz, eine Eigenständigkeit des Körpers, grenzenlose Hingabe an das Kind, dem da auf die Welt geholfen wird. Der Schmerz ist auf dem Gipfel, noch eine Anstrengung und ein Weh jenseits alles Gekannten, dann ist das Kind geboren. Sein Köpfchen und die Schultern scheinen mich zu zerreißen, aber Bauch und Beine gleiten ohne Schmerz auf die Welt, wie eine warme Welle spüre ich das. Der Schmerz ist vorbei. Vollkommen weg. Die Anstrengung vergessen. Von einer Sekunde auf die andere. Ich bin hellwach, euphorisch, überglücklich, aufgewühlt, ich schaue auf mein Kind, weine und lache gleichzeitig. Ich schwebe auf einer Wolke und war zugleich noch nie so fest auf der Erde. Mein Baby liegt in meinem Arm, es hat die Augen offen. Wir schauen uns an. Die ersten zärtlichen Worte, die ich ihm sage, kommen mit heiserer Stimme. Mein Hals ist rauh vom Jammmern und Schreien. So weh die Geburt auch tat - ich möchte diese Schmerzerfahrung nicht missen. Denn sie brachte mir Zuversicht, die kostbar ist für das Leben mit meinem Kind: Was auch immer sein wird, wir stehen das durch.

           
© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000