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Netze und dynamische Systeme
Komplexität und Chaos
in Mythologie, Umgangssprache und Theorie

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Chaos in der Mythologie

Orphische Kosmogonie (6. Jh.v.C.)

In der orphischen Kosmogonie stehen am Anfang das Chaos und die Nacht. Wobei Chaos wörlich als gähnender Schlund, klaffende Leere und tiefer Abgrund zu nehmen ist.


 

Der Dichter Hesiod (700 v.Ch.) beginnt seine Lehre von der Entstehung und Abstammung der Götter mit folgenden Worten: "Zuerst von allem entstand das Chaos, dann aber die breitbrüstige Gaia (Erde und Erdgöttin), der ewig feste Halt für alle Dinge, und der dunkle Tartaros im Innern der breitstraßigen Erde, und Eros, der schönste unter den unsterblichen Göttern, er, der, gliederlösend, in allen Göttern und Menschen den klaren Verstand und vernünftigen Willen in der Brust überwältigt. Aus dem Chaos aber wurde Erebos und die schwarze Nacht geboren, von der Nacht dann Äther und Heméra, die sie gebar, nachdem sie sich dem Erebos in Liebe vermählt hatte. Gaia aber gebar zuerst, gleich ihr selber, den gestirnten Uranos (Himmel und Himmelsgott), damit er sie ganz umhüllte, auf dass er für immer den seligen Göttern ein sicherer Wohnsitz wäre. Gaia gebar auch die gewaltigen Berge, die lieblichen Behausungen der Götter. Sie gebar auch das unfruchtbare Meer, das im Wogenschwall daherbraust, den Pontos, doch ohne sehnsuchterweckende Liebe. Und endlich gebar sie, nachdem sie sich mit Uranos vermählt hatte, den tiefstrudeligen Okeaons. ..."

     
Anaximenes (585 -525 v.C.)
und folgende
 

Diese mythologischen Denk- und Erklärungsformen sind zwar in sich stimmig, aber bereits für Anaximenes ist es nicht mehr das Chaos, aus dem alles wird. Er erklärt die Luft als den Urstoff und die Urkraft: "Wie unsere Seele, die aus Luft besteht, uns regiert, so umschließt auch Lufthauch den ganzen Kosmos. Er entsteht durch Verdünnung und Verdichtung sowie durch Erwärmung und Abkühlung der Luft."

     
Altes Testament:
Genesis 1.1:
  "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über den Wassern."
     

Chaos in der heutigen Alltagssprache

 

Auf der Autobahn herrschten chaotische Zustände. Chaosköpfe wollten den Streit. Was für ein Chaos? Towuhabohu im Kinderzimmer, ....
Im heutigen Alltag bedeutet Chaos so Etwas wie: Durcheinander, Wirrwarr und Unordnung. Oft ist der Begriff negativ besetzt. "Chaot" gilt wohl meist als Schimpfwort.
Ein verwandtes Wort für Chaos ist "Gas". Letzteres geht auf J.v.Helmont zurück (ca. 1600). Tatsächlich führte er dieses Wort als Überbegriff für luftartige Stoffe ein, in direkter und berechtigter Anlehnung an Chaos.
Vom griechischen chaskein leitet sich unser Wort Gähnen ab, ein Verweis auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes.
In der heutigen Alltagssprache sind aber immer noch Deutungen von Chaos üblich, die denen der Frühzeit entsprechen.

     
Chaos und Chaosforschung
in heutigen Lexika:
ein Beispiel
 

Im "MEYERS GROSSES HANDLEXIKON", aus dem Jahre 1996 findet man folgende Erklärungen: Chaos: "ungeordnete Masse, Unordnung; chaotisch, ungeordnet, wirr." Chaosforschung: "wiss. Disziplin, die sich mit Systemen befaßt, denen zwar derminist. Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, deren Verhalten jedoch irregulär ... und langfristig nicht vorhersagbar ist. Die C. spielt für viele naturwiss. und techn., aber auch wirtschaftl. und ökolog. Probleme eine wichtige Rolle."

     

Chaos und Chaosforschung
in der heutigen Wissenschaft

  Diese Erklärungen sind schon teilweise eine richtige Wiedergabe dessen, was heute unter Chaos in der Chaostheorie, einem Teilgebiet der Systemtheorie, verstanden wird.
In der Systemtheorie wird das Verhalten von dynamischen (zeitabhängigen) und auch stochastischen (also zufälligen) Systemen betrachtet. Der Teilbereich der Systemtheorie, der das Verhalten von stochastischen Systemen untersucht, wird auch Chaostheorie oder Chaosforschung genannt.
Bei der grafischen Darstellung des Verhaltens von Systemen (u.a. mit Hilfe der "system dynamics" oder auch der fraktalen Geometrie), kann es mit der Zeit zur Ausprägung von Fixpunkten, Zyklen oder Attraktoren kommen, auf die sich das System einstellt. So wird das Verhalten langfristig vorhersagbar, also deterministisch.
     
 
     
Ideen für mögliche, selbstorganisierte
Übungen:
 
  • In der Ökologie gibt es viele Beispiele für komplexe Ökosysteme, etwa: Wald, Teich, Wiese, Müllhalde und Industriebrache. Diskutiert einige dieser komplexen Ökosysteme miteinander.
  • Diskutiert in eurer Kleingruppen auch komplexe Systeme u.a. aus der Physik (Sterngalaxien, Wetter, ...), aus der Chemie (Mischung von Flüssigkeiten, ...), aus der Technik (Wolkenkratzer, Brücke, Staubsauger, ...) aus der Soziologie (Dorf, Staat, Schulklasse, ...), aus der Wirtschaft (Außenhandel, Nachfrage/Preis, ...) und aus vielen weiteren Wissenschaften.
  • Versucht einige dieser Systeme zu skizzieren und Aussagen über Zustandsgrößen und Parameter sowie über Untersysteme und exogene Größen zu machen.
  • Welche Eigenschaften könnten die von euch diskutierten Systeme haben?
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