blikk Schule gestalten   Pädagogische Tagungen          
  zum forum zur galerie zur übersicht  
infos zum arbeitsbereich infothek  
blikk schulentwicklung        
   
Erkennen, Lernen, Verstehen (3)
erstes Referat von Peter Singer
  zum anfang zurückblättern umblättern ans ende eine ebene nach oben
 
 
    1.5 Folgerungen für das Lernen (siehe vorige Seite)

Lernende sind grundsätzlich autonome Wesen

 

(1) Es gibt keine Objektivität, die für alle gleichermaßen gilt und die wir alle erkennen können, wenn wir es nur wollen. Alle Dinge, Abläufe, Beziehungen auf dieser Welt sind immer eine subjektive Sicht der Dinge. Wir konstruieren uns unsere eigene Wirklichkeit. Ein eindrückliches Beispiel dafür liefert das so genannte Heidelberger Experiment (siehe "Berliner Profile - Story Dealer A.G.).

(2) In der Konstruktion seiner eigenen Wirklichkeit gibt es für jedes Individuum einschränkende Bedingungen. Wir sind nicht alle gleich: Das gilt für biologische wie soziale Bedingungen. Studien haben gezeigt, dass in den Schulen die sozialen Bedingungen der Herkunftsfamilie noch verstärkt werden! Als Lehrer setzen wir ebenfalls Grenzen je nachdem, welche didaktischen Grundhaltungen wir haben, je nachdem, wie wir unterrichten.

 

wer lehrern will, muss selber lernen

  (3) Wissen wird mit der Erfahrung gebildet. Nicht die Wirklichkeit - gleichsam von der Erfahrung unabhängig seiend - ist die Grundlage des Wissens. Wissen läuft über Erfahrung. Ernst von Glasersfeld sagt, Lernen geschehe an Hand von Hindernissen, von Dingen, die uns stören. An ihnen machen wir unsere Erfahrungen. Und trotzdem spricht man von "Rutschbahn-Didaktik", was voraussetzt, dass man Kindern möglichst viele Hindernisse aus dem Wege räumt. Obige These wird auch von der "falschen Erinnerung" belegt (E.F. Loftus in "Spektrum der Wissenschaft", Januar 98): Die Erinnerung von Kindern, von denen angenommen wird, sie seien sexuell missbraucht worden, verändert sich während der Befragung. Dasselbe gilt auch für andere Erinnerungen.
 

locker und eigenständig bei der Sache

 

(4) Wissenserwerb ist nicht ein "Dazulernen". Es ist schon immer ein Vorwissen, ein vorher vorhandenes Verhalten da. Lernen ist deshalb immer "Umlernen". Im Zentrum stehen dabei die Prozesse der individuellen Auseinandersetzung. Dass es immer ein Vorwissen, eine Vorstellung von den Dingen gibt, zeigt sich z.B. an dem, was Kinder über naturwissenschaftliche Vorgänge denken (siehe Anlage: "Können die Menschen überall auf der Erde leben?"). Diese Ausgangsslage einfach zu ignorieren, ist ziemlich unsinnig. Es gilt vielmehr: nicht für alle dasselbe, sondern jedem das Seine.

(5) Wichtig sind die Auseinandersetzungen von Individuen über verschiedene Erfahrungen in und Sichtweisen der Umwelt/Innenwelt. Das macht im Wesentlichen die sozialen Bedingungen aus. Es ist wichtiger, die eigene Konstruktion von Wirklichkeit mit anderen zu vergleichen, als feststellen zu wollen, was richtig ist.

     
 

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2000