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Maria Ducia

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Maria Ducia
Maria Ducia

Maria Ducia ist eine der wichtigsten Frauen für die sozialdemokratische Frauenbewegung in Tirol. Ihre Forderung nach politischer Partizipation von Frauen stellte sie in einer Zeit, als den Frauen politische Vereinstätigkeit gesetzlich verboten war, vom Stimmrecht ganz zu schweigen. Bei den Reichsratswahlen von 1907 erhielten alle Männer über 24 das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht. Frauen mussten noch elf Jahre dafür kämpfen; erst 1918 wurde ihnen das aktive und passive Wahlrecht zuerkannt.

1910 wird in Lienz das Aktionskomitee der freien politischen Frauenorganisation gegründet. Maria Ducia ist von Anfang an schriftführend und ab 1911 als Vorsitzende mit dabei. Im Bericht der Volkszeitung vom 30. Mai und 15. Juni 1910 wird sie erstmals als politisch aktive Frau erwähnt. 1911 fordert Maria Ducia das aktive und passive Wahlrecht für alle Frauen. Beim ersten österreichweiten internationalen Frauentag im Lienzer Gasthof Glöckelturm tritt sie redegewandt und kämpferisch für das Frauenwahlrecht ein. Unermüdlich ist sie in Innsbruck, Landeck, Meran, Bozen, Franzensfeste und Lienz als „Tiroler Suffragette“ unterwegs, fordert „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“ und zeigt mit Überzeugungskraft und Leidenschaft die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und die Ungerechtigkeit gegen Frauen auf. Sie ist die erste Tirolerin, die auf politischen Versammlungen spricht. Viele Frauen kann sie für ihre Ideen gewinnen; die sozialdemokratische Frauenbewegung in Tirol ist geboren. Maria Ducia macht eine Politik von Frauen für Frauen; ihre politischen Denk- und Lehrmeisterinnen sind u. a. die Wiener Sozialdemokratinnen Adelheid Popp, Amalie Seidl, Gabriele Proft und Emmy Freundlich, mit denen sie auch persönliche Kontakte pflegt.

Im März 1912 beruft Maria Ducia gemeinsam mit Nordtiroler Kolleginnen die erste Tiroler Landesfrauenkonferenz ein – für die Geschichte der Sozialdemokratinnen Tirols ein wichtiges Datum. Ducia wird in das sechsköpfige Landesfrauenkomitee und zur Landesvertrauensperson gewählt. Diese Ämter bekleidet sie, abgesehen von einer Unterbrechung zwischen 1926 und 1930, bis zum Jahr 1934. Ab 1924 vertritt sie Tirol im landesweiten sozialdemokratischen Frauenkomitee.

Maria Ducia ist eine moderne Denkerin. Sie fordert gleiche Rechte für beide Geschlechter, also auch das Recht der Frau auf einen Arbeitsplatz außer Haus, setzt sich für eine stärkere Vertretung der Frauen in allen Gremien ein, tritt gegen gesellschaftliche Missstände auf, für die Befreiung der ArbeiterInnenklasse, kämpft für politische, wirtschaftliche und soziale Gleichheit der Frauen. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Schul- und Bildungspolitik, vor allem die Aufhebung des Lehrerinnenzölibats. Sie betont die Gemeinsamkeiten zwischen Lehrberuf und Mutterschaft und bezeichnet in quasi biologistischer Argumentation die den Lehrerinnen aufgezwungene Ehelosigkeit als „Widernatürlichkeit ihres ganzen Lebens“. Der rote Faden ihres Engagements ist stets die Befreiung der Frauen Tirols.

1919 kommt sie als sozialdemokratische Abgeordnete in den Tiroler Landtag. Eine intelligente, gebildete und schlagfertige Politikerin, die sich vor allem als Frauenvertreterin versteht. 25 Jahre lang betreibt sie aktive Frauen-Politik.

Maria wurde als viertes Kind der Hebamme Monika Neuner und des aus Böhmen stammenden Schneidermeisters Josef Peychär am 25. April 1875 in Innsbruck geboren; die kleine Maria kam bis zu ihrem vierten Geburtstag zu Bauern in Sistrans in Pflege. Nach dem Besuch der Volksschule arbeitete sie als Verkäuferin. Mit 16 lief sie von zu Hause weg, zunächst nach Südtirol. Sie lernte Italienisch, tauchte in einer Buchhandlung in Rovereto auf, dann in St. Gallen in der Schweiz, wo sie als Verkäuferin arbeitete und 1898 ihr erstes Kind gebar. Als alleinstehende Mutter gab sie Karl zu Bauern in Pflege. Ihre nächste Station war München: dort arbeitete sie als Tabakfabrikarbeiterin und belegte einen Abendkurs an der Kunstakademie. 1900 gebar sie Leopoldine, mit der sie nach Innsbruck zurückkehrte, wo sie bei dem Möbelhändler Eugen Walter eine Anstellung fand. Um 1900 eröffnete sie in seinem Auftrag eine Filiale und ging als Geschäftsführerin nach Lienz. 1903 heiratete sie den Lokführer Anton Ducia und gebar zwischen 1903 und 1906 vier eheliche Kinder, drei Mädchen und einen Buben. Mit ihrem Mann und den sechs Kindern wohnte sie in einer 60 qm großen Zimmer-Küche-Kabinett-Wohnung in einem der Lienzer Personalhäuser der Bahn am Rindermarkt. Die Eisenbahner, die wegen des Baus der Pustertalerbahn zwischen Lienz und Franzensfeste ab 1870 nach Osttirol kamen, brachten sozialdemokratische Ideen in die Provinz. Für das christlich-soziale Lienz damals eine „Bedrohung“; es galt als anrüchig, als „Rote“ in den Südbahnhäusern zu wohnen.

1904 kaufte Maria Ducia das Möbelgeschäft in der Rosengasse 144 und machte sich wirtschaftlich unabhängig. 1907 musste sie es allerdings wegen des Konkurrenzdrucks wieder aufgeben. Bald darauf begann die politische Karriere der Maria Ducia. Den Lienzer Bürgerinnen und Bürgern war Maria Ducia als Unternehmerin, Politikerin und Mutter ein Dorn im Auge: die Kämpferin für die Rechte der Frauen und die Befreiung der ArbeiterInnenklasse entsprach so gar nicht dem Ideal des „Heimchens am Herd“.

1919 zog Familie Ducia nach Innsbruck. Die alte Maria Ducia lebte zuletzt bei ihrer Tochter Amalie und deren Familie in der Müllerstraße 18 in Innsbruck. Sie starb am 15. Mai 1959 im Alter von 84 Jahren.
         
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