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Das Paradigma der "Autonomie"
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Der Begriff "Autonomie" stammt aus den Sozial-, Gesellschafts- und Rechtswissenschaften. Er hat eine andere Herkunft als der Begriff "Selbstorganisation". Dementsprechend ist er auch mit ganz anderen Grundbegriffen als denen der Systemtheorie konotiert und besitzt einen ganz anderen Bedeutungshof.
 

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Liest man in einem Lexikon, was der Begriff "autonom" bedeutet, so bekommt man als Antwort "eigengesetzlich". Man spricht von einem autonomen Staat und bei Bundes-Ländern in einem Staat auch von autonomen Teilstaaten mit einem Autonomiestatus. Dies meint eine vereinbarte und damit rechtlich abgesicherte Unabhängigkeit von der zentralen Staatsmacht. Im Rahmen dieser rechtlich vereinbarten Unabhängigkeit kann ein autonomer Staat eigensetztlich wirken.
     


Fragen und Statements


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"Die Texte gehen herunter wie warme Semmel", so lautet wahrscheinlich die Reaktion vieler Leserinnen und Leser.

"Aber", so ihre weiteren Aussagen, "die Wirklichkeit in den Schulen ist ganz anders:

Erstens beschreibt die Politik immer nur neue Aufgaben, die von den Lehrpersonen wahrgenommen werden sollen, ohne dass dafür eine zeitliche Entlastung gegeben wird.

Zweitens wollen die Eltern in der Regel für ihre Kinder ausschließlich fachliche Leistungen.

Drittens reden nicht nur einige Wirtschaftsbosse davon, dass mit der Spaßschule endlich Schluss gemacht und wieder Leistung gefordert werden muss.

Viertens verlangt die Öffentlichkeit, dass in der Schule endlich wieder Werte "gedrillt" werden müssen, angesichts der zunehmenden Gewalt.

usw. usw. usw. ...

 

 

Eine autonome Schule erhält durch den Gesetzgeber eine rechtlich abgesicherte Unabhängigkeit

Die Bildungspolitik eines Landes

  • reagiert auf die neuen Bildungsherausforderungen,
  • regt pädagogische Innovationen an,
  • verwirklicht für die Schulen Autonomie oder Selbstständigkeit und erlässt klare Bestimmungen in den wesentlichen Gestaltungsbereichen der Schule und legt Eckpunkte für die Steuerung und Selbstregulierung fest,
  • beschreibt die Ordnung des Schulwesens und die Rahmenbedingungen für die Sicherung gleichwertiger schulischer Arbeitsleistungen und Abschlüsse,
  • verwirklicht eine neues Verständnis von Schulaufsicht (sie hat eine Vermittlungsfunktion vor allem zwischen Politik und Schule, aber auch zwischen den einzelnen Schulen sowie zwischen Schule und Öffentlichkeit; sie organisiert Verfahren im Bereich der Personalbewirtschaftung und berät die Schulleitung vor Ort in rechtlichen und verwaltungstechnischen Fragen)
  • schafft die Voraussetzungen für professionelles Arbeiten in den Schulen und
  • greift Schulreformen offensiv auf.

Der Gesetzgeber beschreibt auf diese Weise den gesetzlich vorgegebenen Rahmen in Form von Autonomiegesetzen (oder Teilautonomie-Gesetzen, oder Gesetzen für eine selbstständige Schule) innerhalb dessen die Schulen dann eigengesetzlich wirken können. In einer solchen autonomen oder selbstständigen Schule zeigt sich die Veränderung in der Steuerungs- und Verantwortungsstruktur am sichtbarsten in der Entwicklung eigener Leitbilder und Schulprogramme, sowie in der Qualitätssicherung und Evaluation.


In einer autonomen oder selbstständigen Schule handeln also autonome Persönlichkeiten, die sich innerhalb des gesetzlich erlaubten Rahmens ihre eigenen Ziele in Selbstverantwortung setzen und deren Erreichung in Selbstkontrolle überprüfen.

...  

Seit der Pisa-Studie von Ende 2001 redet die Öffentlichkeit nur noch über Leistung! Dabei weist gerade diese Studie auf den engen (nicht trennbaren) Zusammenhang zwischen besseren Schulleistungen und einem sozialverträglichen Schulklima hin.

Anders und modellhaft formuliert: Ist das soziale Schulklima Null, so ist auch die Schulleistung Null. Denn fachliches und soziales Lernen sind multiplikativ miteinander verknüpft. Und wenn in einem Produkt ein Faktor Null ist, dann ist auch das Produkt gleich Null!

Wie schafft es eine Schule, trotz dieser Wiederständigkeiten eine Schulentwicklung in Gang zu setzen, die den nebenstehend formulierten Ansprüchen näher kommt?

Wie werden aus Lehrpersonen, die bisher als "Befehlsempfänger" gewirkt haben, autonome Personen, die für eine Selbstorganisation in der Schule die notwendige Voraussetzung sind?

Mit "Befehlsempfänger" ist hier z.B. auch die Floskel gemeint: "Wir Lehrer sind zeitlich nicht in der Lage, ein Projekt durchzuführen, denn dann schaffen wir den vorgeschriebenen Stoff in den Lehrplänen nicht."

Rahmenlehrpläne schreiben keinen Stoff vor, sondern Ziele! Für die Festlegung des Stoffes, mit denen die Ziele erreicht werden sollen, sorgen die Lehrpersonen in den schulbezogenen Lehrplänen selbst.

Wie aber sieht die selbstgeschaffene Wirklichkeit in den schulbezogenen Fachlehrplänen aus?

Wie verwirklicht z.B. ein Mathematiker, Physiker, Germanist, Musiker, Biologe, oder Linguist das soziale Lernen im eigenen Unterricht?

Schulprogramme enthalten häufig "Methodenvielfalt" als Leitziel. Was bleibt davon aber in den Fachlehrplänen und erst recht im Unterricht übrig?

 

Autonomie und Selbstorganisation: eine interdisziplinäre Nutzung beider Paradigmen bei der Schulentwicklung

Autonomiegesetze, wie zuvor ausgeführt, der state of the art von Didaktik sowie Rahmen-Lehrpläne beschreiben für die Schule den eigengesetzlichen Freiraum innerhalb dessen die Schulen pädagogische Innovationen aufgreifen, geeignete Bildungsangebote schaffen, Bildungswege zusammenführen, ein professionelles Arbeiten ermöglichen sowie ein neues Verständnis von Schulaufsicht mit entwickeln können.

Lese-Hinweis: In diesem Text sind die Begriffe fett gedruckt,
die dem Paradigma "Autonomie" entstammen.

Diese Veränderungen setzen eine Entwicklungsbereitschaft in den autonomen Personen einer Schulgemeinde voraus. Alle müssen mit Eigenverantwortung die neu überdachten Ziele und das neu gedachte Lernen reflektieren und handelnd als Innovationen vor Ort verwirklichen. Durch Personalentwicklung und Organisationsentwicklung schaffen sich die Schulen selbst die Voraussetzungen, um im "Haus des Lernens und Zusammenlebens" eine Unterrichts- und Methodenkultur sowie eine Erziehungskultur zu entwickeln.





Sicherheit in den Kulturtechniken und Methodenfestigkeit gehören genauso zu den Grundsäulen wie Beziehungsfähigkeit, Risikofreudigkeit, Selbstverantwortung, Selbstkontrolle und Mündigkeit. Eine Schule, die ihre Arbeit nach diesen Grundsätzen ausrichtet, fördert die Entwicklung der gesamten Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen.

Eine Schule mit Qualität entwickelt eigene Leitziele und Arbeitsschwerpunkte im Rahmen ihrer autonomen Kompetenzen.

Selbstwirksamkeit erzeugt das notwendige Selbstvertrauen und macht die wirkenden Menschen stark, in einer positiven Weise selbstbewusst und führt sie zu positivem Selbsterleben. Erfolgreiche schulische Arbeit hat immer mit Selbstgestaltung und Selbstverantwortung zu tun und somit mit der Aktivierung der eigenen Kräfte. Bei der Bewältigung von Aufgaben ist nicht nur die tatsächliche Kompetenz einer Person entscheidend, sondern auch ihre subjektive Einschätzung.

 

© Pädagogisches Institut der deutschen Sprachgruppe - Bozen - 2002