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Heimatliteratur

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Heimat, Volkstum und Tradition in der Tiroler Literatur des 20. Jahrhunderts


Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert sind Heimatliebe, Religion, Volkstum und Tradition wichtige Themen der Tiroler Literatur. Dies gilt umso mehr für Südtirol, das sich nach der Abtrennung von Österreich dem Druck des faschistischen Italien ausgesetzt sah. „Es lag in der Natur der Sache, dass sich die Literatur in Südtirol nach 1918 auf die eigene historische Vergangenheit und kulturelle Tradition zurückziehen musste, ihrem Wesen nach auf Verteidigung bedacht war und sich ... Außeneinflüssen verschloss.“ In den Werken einiger Autoren lassen sich allerdings auch Ansätze der Blut- und Bodendichtung des Dritten Reiches erkennen.

Das Thema Heimat findet sich in unterschiedlicher Ausprägung in den Texten vieler Autorinnen und Autoren, auch noch nach 1945. Einige Beispiele mögen dies belegen.

Joseph Georg Oberkofler
, geboren 1889 in St. Johann im Ahrntal, gestorben 1962 in Innsbruck, zählte zu den bekanntesten Tiroler Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Der Hausspruch

Ein Schelm ist, wer die Sippe schmäht.
Denn er zerstört, was Gott gesät.

Ein Schelm ist, wer den Ahn vergisst.
Kein Bauer für sich selber ist.

Ein Schelm ist, wer Gold sucht anstatt Brot.
Denn unser Reichtum ist die Not.

Ein Schelm ist, wer das Land verrät,
Darin er stirbt und aufersteht.

Ein Schelm ist, wer an Gott nicht glaubt,
Weil er dem Hof den Atem raubt.


Gabriele von Pidoll (1908 – 2006), lebte in Meran, Lyrikerin

Nacht an der Etsch


Im reifen Duft von Äpfeln schläft das Tal.
Ein dunkler Nebel, den der Herbst ersann,
verhüllt im Schlummer graue Berge.
Dort
atmet noch an der Mauer warme Luft,
von vielen Stunden her gespeichert.
Land,
dies ist dein Los:
ein Schlaf zu sein für uns
Bedrohte.


Luis Stefan Stecher, geboren 1937 in Laas, ist Künstler und Lyriker.

Heimat

Heimat,
ein paar
Festmeter Dasein.
Die Haut der Mutter.
Wer sie auszieht,
friert.

Vintschgau

Nie
ließ mich
vergessen der Glanz
ferner Inseln
die Wurzel,
Tal meiner Kindheit,
dein Licht.

Norbert Conrad Kaser

alto adige

alto fragile

reiseland
durchgangsland
niemandsland

zu lange das requiem
als dass die tote erstuende
aber die grabreden
geben die leichen nicht preis

andreas hofer
laeßt sich
nicht ver(d)erben
aber der sarg
ist noch offen

ha-ha-hai-
heimatland

Georg Paulmichl, geboren 1960, lebt in Prad und besucht dort seit Jahren die Behindertenwerkstatt. „Nach dem alltäglichen Sprachgebrauch wird er zu den geistig Behindeten gezählt.“

Gedenkjahr II

Ein Volk muß sich seiner Helden übergeben.
Es ist lange her, seit Andreas Hofer gelebt hat.
Der 20. Februar soll uns den Andreas Hofer ständig wachrufen.
In Mantua wurde er von den feindlichen Kugeln betroffen.
Nur mehr Denkmäler zeugen, dass es Hofer einmal gegeben hat.
Die Denkmäler werden jedes Jahr neu puliert.
Hymnen und Gesänge ertönen.
Orden und Fahnen beweisen die Tiroler Ehre.
Reden erklingen durch die Lautsprecher.
Der Beifall wird von Hand zu Hand geklatscht.
Die Landespolitiker stehen stramm vor so viel Geist.
Durch die heilige Messe wird die Zelebration abgeräuchert
Glauben macht selig, steht in der Bibel.

Claus Gatterer, 1924 – 1984, stammte aus Sexten und lebte als freier Journalist in Wien. Seit 1985 wird für sozial engagierten Journalismus der Prof. Claus Gatterer-Preis vergeben.

Über alte und neue Südtiroler

„Aber wenn der Vater oder der Großvater damals, als ich ein Kind war, von jemandem sagte: „Der ist aus Südtirol“, dann meinten sie damit einen, der aus dem Trentino kam, aus Welschtirol. … Auch Bozen oder Brixen waren nicht Südtirol … Wir im obersten Pustertal waren also kurzerhand Tiroler … Südtiroler war man gezwungenermaßen. Der Weg vom Tiroler zum Südtiroler war ein Abstieg. … Da der tirolische Inhalt zerstört und die tirolische Form verboten war, wurde das Südtirolersein zum Ausdruck von Legende und Mythos, von Schmerz und Martyrium … .“

Margit von Elzenbaum, geboren 1950 in Bozen, lebt in Auer. Sie schreibt auch Texte in der „Unterlandler“ Mundart.

Die Walschn reidn ondersch als mir

Die Walschn reidn ondersch als mir,
sie sougn pianoforte zum Klavier,
sougn Termeno zu Tramin
und signora zu der Wirtin.
Sie hoaßn es Glick die fortuna
und in Mond die luna.
Sie sougn mi fa morire,
bol ihmenen epes recht freit
und mascalzone zu die letzn Leit,
sougn acqua passata zun sem,
wos nimmer kimp
und tesoro mio
a zun an fremmen Kind.

Daß mir Walsche sougn,
meign sie nit gearn.
Verflixt, daß i es ondre sou hort derlearn.
Ouber iatz bin i draufkemmen:
Oft tua i nou a bißl fremmen.

Sabine Gruber

Südtirol

Die Kindheitsgewässer sind mir ausgelaufen. Über die Jahre zählte ich nur noch die Flüsse. Zählte, was eingezeichnet blieb, die Zuläufe
Und Arme, die zum Meer deuteten, Gesten
Auf Reisen.

         
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