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Altes Handwerk und ländliches Leben

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Sulzenbacher Gudrun: Altes Handwerk und ländliches Leben; Verlag Folio, Wien/Bozen; 2002; 61 Seiten, ISBN 3-85256-208-2

Sein Handwerk zu verstehen, war auf dem Land lange Zeit eine Frage des Überlebens. Heute, in fortgeschrittenen Zeiten industrieller Massenproduktion, gilt das Etikett "handgefertigt" als Zeichen besonders exklusiver Qualität. Vor allem Kunsthandwerke gewinnen darum immer mehr an goldenem Boden. Aber auch in der Freizeit entdecken viele die Freude am schöpferischen Arbeiten. Ob man nun seinen Garten selber umzäunt, das eigene Brot bäckt, oder in geselliger Runde am Spinnrad sitzt, "do it yourself" lautet die neue alte Devise. 
Wie es nach alter Tradition selber gemacht wurde und teilweise noch gemacht wird, zeigt das reich bebilderte Sachbuch Altes Handwerk und ländliches Leben anhand von 28 ausgesuchten Fertigkeiten: vom Töpfern und Korbflechten über Gerben und Schustern bis zum Buttern, Käsen und Schneiden von Kraut. Auf jeweils einer Doppelseite werden mit vielen Farbfotos und kurzen erklärenden Texten die Handwerke auf eingängige Weise vorgestellt, ein weiterer Beweis dafür, dass Wissenserwerb nicht langweilig sein muss.

Schnell lässt sich so herausfinden, wie der Sägemüller früher das Holz mit seiner Venezianersäge schnitt, wie der Schuster den Schuh über einen Leisten schlägt, oder wie Flachs gebrechelt und gehechelt wird. Komplizierte Arbeitsvorgänge werden ebenso anschaulich gemacht wie eigentümliche Gerätschaften, so etwa das Nährössl des Federkielstickers, die Krokodilzange des Hufschmieds oder die Walkmühle des Lodenwalkers. Aufschlussreiche Details am Rande, wie zum Beispiel, dass der Fiaker seinen Namen dem Vermietungsbüro für Kutschen im Pariser Hôtel St. Fiacre verdankt, ergänzen das ebenso kurzweilige wie informative Lese- und Schauvergnügen.

Als ergiebige Augenweide mit Fotos, die großteils im Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde entstanden sind, lädt das Buch zu einer spannenden Entdeckungsreise durch die ländliche Kulturgeschichte. Keine erschöpfenden Darstellungen, sondern erste Einblicke in die Grundlagen einzelner Handwerke werden geboten. Die Autorin Gudrun Sulzenbacher greift dabei auf das bewährte didaktische Konzept ihres preisgekrönten Ötzi-Buches "Die Gletschermumie" zurück: Die sinnlich animierende Aufmachung schafft sicherlich beste Voraussetzungen, vor allem eine junge Leserschaft anzusprechen und vielleicht auch noch im Computerzeitalter für manch traditionelles Handwerk zu begeistern.

Mathis Zojer, Amazon.at