| Der arrogante Edelmann und Ritter Neidhardt, der beim Volk wegen   seiner Wichtigtuerei verhasst war, bemerkte auf einem Spaziergang wunderschöne   Primeln.
 Es waren die ersten des Frühjahrs 1523. Um sie   wieder finden zu können, deckte er sie mit seinem Federhut ab. Dann kehrte er   schnellen Schrittes zurück zu seiner Verlobten, der hochmütigen Freifrau   Sieglinde, der er die Primeln schenken wollte.
 
 Einige Bauern, die, beladen mit ihren Arbeitsgeräten, den Weg entlang kamen,   beobachteten hinter einer Hecke versteckt den Vorgang. Der frechste unter ihnen   wettete mit den anderen, dass es ihm gelingen würde, den verhassten Herren zu   beleidigen. Er ließ die Hose herunter und bedeckte die Primeln mit Kot. Dann   legte er den Hut seines Herren wieder darüber. Die Bauern versteckten sich   hinter einer Mauer und warteten aufgeregt und auch verängstigt wegen ihres   gewagten Unternehmens auf die weiteren Ereignisse.
 
 Der aufgeblasene   Ritter kehrte schon bald mit seiner Edeldame an den Ort zurück. Elegant   einherschreitend versprach er ihr mit geschnörkelten Worten eine ganz besonders   feine Überraschung. Als er seinen Hut wieder gefunden hatte, hob Neidhardt   diesen ganz langsam hoch und beäugte seine Edelfrau dabei aufmerksam, um ihre   Überraschung zu genießen. Ihr Gesicht zeigte jedoch Entsetzen und Ekel. Mit   einem letzten Blick voller Verachtung wandte sich die Dame ab und rannte weinend   davon.
 
 
  Mönch und lutherischer Knappe
 Das Gelächter des Volkes,   das diesem Schauspiel – aufgeführt durch Schmierenkomödianten auf dem jährlichen   Markt auf dem Platz von Sterzing, der Geburtstadt von Michael Gaismayr – beiwohnte, schlug an diesem Punkt um in lautes   Hohngelächter.
 
 Die dröhnenden Rachedrohungen des beleidigten Ritters   ließen jedoch schon bald das Lachen bei den Bauern verstummen, die der   Vorstellung beigewohnt hatten, als ihnen ihre Schwäche angesichts der Macht der   Mächtigen bewusst wurde.
 
 (Freie Übersetzung von Josef Maček, s.   Bibliographie.)
 
 
 Literatur:
 Josef Maček,   “Michael Gaismayr und der Südtiroler Bauernkrieg”, Berlin 1975
 Diese   Übersicht ist zum Großteil ein Auszug aus dem Heft herausgegeben von Elena   Farruggia und Pietro Fogale: „Cinquecento – Un secolo di trasformazioni”,   Dossier der Zeitschrift STORIA E, Jahrgang 2, Nr. 1, April 2004
 
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