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Du bist ein Straßenkind! Berichte aus deinem Leben (10/35)

 

Anja Hofer

Mittwoch, 8. Mai 2013

Kategorie:

Erlebnisbericht
 

Hallo, ich bin Lissi, eines von vielen Straßenkindern Südamerikas. Genauer gesagt lebe ich in Brasilien.

Meine Eltern mussten schon sehr früh sterben. Mein Vater starb bei einem Autounfall und meine Mutter wurde, als sie einmal nach Deutschland flog, um dort zu arbeiten um Geld zu verdienen, von einem Rassisten erschossen. Nur wegen ihrer Hautfarbe.

Als ich erfuhr, dass sie gestorben ist, war ich schockiert und gleichzeitig sehr traurig darüber. Von nun an lebte ich allein mit anderen Straßenkindern in einem schmalen Streifen entlang der Küste, wie 90% der Brasilianer. Häuser hatten wir keine, wir lebten in kleinen Hütten im Dreck und mit Ungeziefer. Die Nächte waren unbequem, weil der Boden, auf dem wir schliefen sehr hart war. Matratzen hatten wir auch keine und nur eine Decke pro Person. Jährlich starben viele Kinder, aber auch Ältere Menschen.

Meinen Bruder hatte ich auch lange nicht mehr gesehen. Ihm gelang es, nach Deutschland zu fliegen und dort eine Arbeit zu finden. Manchmal dachte ich mir, dass er gar nichts mehr von mir wissen will, doch ich war zuversichtlich, dass er mich eines Tages abholen würde.
Viele Menschen behaupten, es gäbe zwei Brasilien, das Brasilien der Reichtümer und das Brasilien des Elend und der Armut. Was auch stimmt, denn die Reichen lebten in Nobelvierteln in teuren Hochhäusern mit Schwimmbad und großen Garten. Sogar eine Alarmanlage besitzen sie.
Im Sommer war es immer sehr heiß, doch wir mussten trotzdem arbeiten, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Viel verdiente man ja nicht. Umgerechnet bekamen wir vielleicht 2€ am Tag. Manchmal sogar noch weniger. Auf den Plantagen, auf denen wir arbeiteten, mussten wir sehr schwere Körbe mit Kakaobohnen tragen.
Kinderarbeit war längst kein Thema mehr. Fast an jeder Ecke sah man Kinder beim Arbeiten. Wenn man die Kinder fragte: „ Wieso musst du hier arbeiten?“ antworteten sie fast immer:

„Weil meine Eltern das sagen!“ oder „Weil wir arm sind.“ Viele Kinder mussten auch arbeiten, obwohl sie krank waren und viele bekamen überhaupt keinen Lohn.

Viele meiner Freunde war das Geld, das sie verdienten, zu wenig und somit begannen sie zu stehlen. Ich traute mich das nicht, aus Angst zu sterben, wie Jason, ein Junge aus meiner Umgebung. Auch seine Familie war sehr arm. Wie üblich ging er wieder mal in die Stadt und mit einem Ruck entriss er einer Passantin die Goldkette an ihrem Hals. Er flitzte geschickt durch die Menschenmenge. Doch zwei Männer erwischten ihn du brachten ihn durch Schläge um. Die Männer, die das taten, kamen nicht ins Gefängnis, sie bekamen noch nicht einmal eine Strafe. Seine Eltern waren sehr traurig, als sie die schlimme Nachricht hörten.

Viele Eltern setzten ihre Kinder aus. Manchmal werden Kinder sogar misshandelt oder vernachlässigt.

Besonders schlimm ist es aber, bei den Kindern, die sich körperlich und geistig nicht richtig entwickeln konnten. Es gab auch viele Behinderte in unserer Umgebung, deren Eltern kein Geld für Medizin oder Ärzte hatten. Diese Kinder taten mir immer besonders leid. „Wieso ich?“ fragte sich ein Junge immer.

Wenn wir arbeiteten, trugen wir meistens nur ein zerrissenes T-Shirt und alte Hosen, die wir irgendwo fanden, denn es war sehr heiß unter der grellen Sonne. Auf den Plantagen trugen wir sehr schwere Körbe mit Kakaobohnen. Manchmal halfen uns Erwachsene, manchmal nicht.

Als Straßenkind war mein früheres Leben nicht gerade das Beste, jetzt bin ich froh, dass ich eine Arbeit als Verkäuferin in einem kleinen Geschäft habe und mich und meine Familie ernähren kann.

 

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