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Die Wandzeitung nach Freinet

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Unsere Wandzeitung  

 

Die Wandzeitung nach Freinet „hält das soziale und schulische Geschehen innerhalb einer Gruppe/Klasse fest und stellt es zur Diskussion. Sie regelt ein lebendiges Miteinander, das innere soziale Geschehen der Gruppe/Klasse. […] Um alle in einer Klasse vorkommenden Probleme in Selbst- und Mitverantwortung der SchülerInnen regeln zu können, ließ er wöchentlich ein journal mural (Wandzeitung) anfertigen“¹. Diese Wandzeitung ist in vier Feldern eingeteilt: 

-         wir wünschen

-         wir kritisieren

-         wir haben realisiert

-         wir beglückwünschen

Jeder Schüler ist frei, eine persönliche Bemerkung auf die Wandzeitung einzutragen (Wünsche, Erfolge, Kritiken, Vorschläge, usw.). Jeder Eintrag muss mit dem Namen des Schülers versehen sein, da „es für die politische Erziehung wichtig ist, dass jeder lernt, für sein Handeln einzustehen“². Am Ende einer Woche werden die Einträge regelmäßig im Klassenrat, der von den SchülerInnen selbst geleitet wird, besprochen.

Die Wandzeitung, die wir erstellen und in unserer Klasse benutzen sollten, ist eine Abweichung von Freinets ursprünglichen journal mural. Unsere vier Diskussionsfelder lauteten:

-         wir fragen

-         wir kritisieren

-         wir informieren

-         wir beglückwünschen

Die Wandzeitung ist bewusst so aufgebaut, dass die Diskussion mit den Beglückwünschungen endet, um einen positiven Abschluss des Klassenrates zu gewährleisten.

Um den Klassenrat in einer meiner Klassen durchzuführen, habe ich mich an den Klassenvorstand gewandt, da ich nur zwei Wochenstunden pro Klasse habe und diese zu wenig sind, um die Wandzeitung gründlich zu erklären, immer wieder Zwischenfragen diesbezüglich zu beantworten und einen ordentlichen Klassenrat zu organisieren, vor allem wenn es der erste Versuch in dieser Klasse ist. Glücklicherweise konnte ich die Lehrperson für literarische Fächer, Frau Hofer, sofort für die Idee begeistern und sie somit auch gleich ein wenig in meine reformpädagogische Arbeit mit einbeziehen. Wir haben gemeinsam die Wandzeitung erstellt, laminiert und in der Klasse 1D aufgehängt.

Während einer Schulstunde, die ich und Frau Hofer gemeinsam organisiert und gehalten haben, wurde den SchülerInnen das Konzept der Wandzeitung erklärt und wir haben all ihre Fragen dazu beantwortet. Dann haben wir den SchülerInnen zwei Wochen Zeit gegeben, um ihre Namen auf die Wandzeitung zu schreiben – ohne die Themen hinauf zu schreiben, die wurden erst im Klassenrat „verraten“. Nach zwei Wochen standen 11 Beiträge auf der Wandzeitung: eine Frage, eine Kritik und acht Beglückwünschungen. Der erste Klassenrat fand am 30. Mai 2017 statt und wurde vom Klassensprecher Joey Oberrauch geleitet.

Joey war in seiner Rolle als Moderator anfangs noch ein wenig überfordert, er hat aber die Sitzung gut über die Bühne gebracht und die Klassenräte, welche auch im darauf folgenden Schuljahr stattgefunden haben, liefen zunehmend besser. Die SchülerInnen fühlten sich in der Rolle der Moderatoren zunehmend wohl und auch das Einhalten der Gesprächsregeln, das sich anfangs noch als problematisch erwies, da wir Lehrpersonen ja nur gleichwertige Mitglieder des Klassenrat darstellten und nicht als Oberinstanz galten, wurden mit der Zeit ausnahmslos eingehalten – und dies bei 25 SchülerInnen!

Die Beiträge wurden auch zunehmend anspruchsvoller: beim ersten Klassenrat galt die Kritik noch dem Unterricht einer bestimmten Lehrperson, nach und nach arbeiteten die SchülerInnen aber an sich selbst und an ihren Fehlern, anstatt sie bei anderen zu suchen. Somit entwickelte sich die Arbeit mit der Wandzeitung ganz nach Freinets Vorstellungen:

„Demokratie verlangt Menschen, die aus den Reihen hervortreten, um sich kühn zur Bewältigung von Schwierigkeiten an die Spitze zu stellen […], die aber voranschreiten, Erfolge erringen, Neues konstruieren und erschaffen“ (Freinet, 1998: 114).

Dies beweist auch das Feedback der SchülerInnen: sie lieben ihre Klassenräte und finden, sie haben große Fortschritte bezüglich ihrer Eigenkritik und Entwicklung gemacht.

Freinet war der erste, der meinen Unterricht beeinflusst und geändert hat, aber es kamen noch zwei weitere hinzu: Janusz Korczak und Helen Parkhurst. Ich werde auf beide genauer eingehen, beginnend mit Korczak.

 

Quellen:

¹ egora.uni-muenster.de/pbnetz/praxis/bindata/Wandzeitung_gebet_1.pdf (eingesehen am 15.08.2019)

Freinet, Célestin: „Die Lebensweisheiten“. In: Pädagogische Werke, Paderborn, 1998.

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Inhaltsübersicht

Aller Anfang ist schwer... 

Erstes Präsenztreffen, erste Informationen zu den Reformpädagogen

Die Wandzeitung nach Freinet

Janusz Korczak - Biografie

Janusz Korczak - Der Reformpädagoge

Rezension "Wie man ein Kind lieben soll" 

Meine ersten Schritte in Richtung Freiarbeit

Hospitation an der Mittelschule St. Martin in Passeier

Das persönliche Thema

Helen Parkhurst - Biografie

Die Dalton-Pädagogik nach Helen Parkhurst

Rezension "Education on the Dalton Plan"

Meine ersten Versuche, das Konzept des Daltonplans in meinem Unterricht einzubauen

Hospitation an der Mittelschule Gries (BZ)

Meine Konzeptarbeit

Das Leselabyrinth

Reformpädagogische Neuerungen an unserer Schule 

Qualitätskriterien (Teil 1)

Qualitätskriterien (Teil 2)

Fazit des Lehrgangs